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Botschaft aus Bozen - Süddeutsche Zeitung

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Facebook, das Sozialmedium für die reifere Generation, wird womöglich nie vergessen. Einmal geschriebene Sätze werden in tiefen Speichern abgelegt, zu denen vorzudringen ein Lebensalter nicht reichen dürfte. Sätze, wie "Ich wäre so gern ein Linker! Es muss wundervoll sein, alles immer besser zu wissen, als alle anderen", werden, auch wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen sein mögen, noch zu lesen sein, wenn niemand mehr wissen wird, was eigentlich mal ein echter Linker war. Der Satz, man ahnt es vielleicht schon, stammt natürlich von einem Politiker, der nicht den ausgesprochen Linken angehört, manchmal aber doch vieles besser weiß als die Konkurrenz. Aber ab und an muss auch jener Endfünfziger sein Weltbild ändern.

Der Mann, um den es in diesem kleinen Rätsel geht, hat sich vor langer Zeit auf einen Weg begeben. Einen arg steinigen, wie er ihn auf der Via Cassia in Montefiascone schon unter seinen Füßen gespürt hat. Das Bild von den groben Pflastersteinen, das er als Titelbild für seinen Facebook-Auftritt gewählt hat, gibt die Qualität der Wege wieder, die der Germeringer als Politiker wie als Reisender zurücklegen muss. Wenn er nicht gerade in Fürstenfeldbruck amtiert, urlaubt er gerne in Italien, jenem wunderbaren Land, in dem man fürchten muss, am Ende seiner Ferien von den Österreichern an der Durch- und Heimreise gehindert zu werden. Egal, ob man mit Auto, Fahrrad oder der Eisenbahn unterwegs ist.

Apropos Bahn: Auch dazu hat der Protagonist etwas zu sagen, und das sogar im Jahresrhythmus. Wir erinnern uns an Rezensionen über die italienische Staatsbahn, die geradezu hymnisch die Pünktlichkeit dieses Verkehrsmittels priesen, um im gleichen Atemzug die deutsche und die österreichische Bahn ob ihrer Unpünktlichkeit zu schelten. Der Mann weiß Bescheid, hat er doch in diesem Landkreis ein öffentliches Personennahverkehrssystem entwickelt, um den ihn andere Landräte beneiden. Ach ja, jetzt ist es raus, die gesuchte Person ist der amtierende Landrat Thomas Karmasin, der neulich wieder in Italien weilte. Auch dort wüteten Sturm und Regen in einem Ausmaß, dass sie die Heimreise Karmasins buchstäblich ins Wasser fallen ließen.

In Bozen jedenfalls war Schluss mit der Bahnfahrt nach Norden, Straßen und Schienen waren gesperrt wegen Überflutungen und anderer Unpässlichkeiten, einige Hundert saßen wie der Landrat fest in der Provinzhauptstadt Südtirols. Und so ließ der gestrandete Urlauber seine Freunde via Facebook an seinem Unmut über öffentliche Verkehrsmittel teilhaben: "Dass ich aber in Bozen in einem Hotel übernachten muss, weil überhaupt nichts mehr geht, ist allerdings noch nicht vorgekommen. Und das alles ohne irgendeine Bemühung oder irgendeine Information. Schade, aber eine zuverlässige Zugverbindung Italien - München ist einfach nicht existent."




September 03, 2020 at 03:01AM
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