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Gotteshaus mit Botschaft: Jubiläumswoche für die Gedächtniskirche - Tagesspiegel

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Einst hatte sie den höchsten Kirchturm der Stadt. Sie sollte an Kaiser Wilhelm I. erinnern, und ihre Einweihung fand 1895 nicht zufällig am 25. Jahrestag der für den Deutsch-Französischen Krieg entscheidenden Schlacht von Sedan statt, mit 5000 Veteranen unter den geladenen Gästen. Doch seit dem Zweiten Weltkrieg ist die von Franz Schwechten erbaute Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf dem Berliner Breitscheidplatz eine Ruine. Und mit seinem von einer alliierten Bombe zerstörten Turm ist das Gotteshaus weit über die Grenzen der Stadt als Mahnmal gegen den Krieg bekannt geworden.

Um all das wird es gehen, wenn die bekannteste Kirche der westlichen Berliner Innenstadt ab Dienstag ihr 125-jähriges Bestehen feiert. Eine ganze Woche lang will sich die Gemeinde dafür Zeit nehmen, in Zeiten des Coronavirus freilich weit bescheidener als zunächst vorgesehen. „Wir hatten ursprünglich mit einem großen Fest auf dem Breitscheidplatz geplant“, sagt Pfarrerin Kathrin Oxen. „Und wir wollten den Grundriss der alten Kirche auf dem Gelände nachzeichnen, um deutlich zu machen, wie groß die Kirche damals war.“

Denn im 19. Jahrhundert herrschte in Berlin der Gedanke vor, dass das Christentum vor allem durch den Bau von Kirchen am Leben erhalten werden könne. „Bei der Gedächtniskirche hat sich das dann verselbstständigt“, sagt Oxen. Am Kurfürstendamm entstand dank zahlloser Spenden ein viel größeres Gebäude als geplant, mit kostbaren Mosaiken und Fresken, „ein Prestigeprojekt des wilhelminischen Berlin“.

Doch dann kam die Zerstörung des Zweiten Weltkriegs. „Heute ist es immer noch ein krasser Anblick, wenn man zwischen den Hochhäusern die Turmruine sieht“, sagt Oxen. „Mit dem Kirchturm halten wir seit dem Zweiten Weltkrieg das Bewusstsein dafür am Leben, was der Krieg anrichten kann – das ist eine ganz starke Botschaft des Gebäudes.“ Rund eine Million Besucher pro Jahr sorgen dafür, dass diese Botschaft in die ganze Welt hinausgetragen wird.

Wichtigstes Ereignis der Jubiläumswoche wird ein großer Festgottesdienst sein, der am Sonntag, 6. September mit den coronaüblichen Teilnahmebeschränkungen in der Kirche gefeiert wird. Schon am Samstag zuvor und ebenso nach dem Gottesdienst soll es den ganzen Tag über einen „Kirchenkaffee“ auf dem Breitscheidplatz geben: Passanten können einen Moment stehen bleiben und mit Kaffee und Kuchen den Geburtstag des Gotteshauses feiern.

Die ganze Woche über Andachten und Lichtprojektionen

Schon am Dienstag wird es einen Festvortrag mit dem Kulturbeauftragten der EKD, Johann Hinrich Claussen, und dem Pfarrer der Gedächtniskirche, Martin Germer, geben, die sich im Dialog der Frage von Gedächtnis und Kirche widmen werden. Die ganze Woche über werden die regelmäßigen Andachten, die am Mittag und am Abend in der Kirche stattfinden, um das Jubiläum kreisen. Und Lichtprojektionen sollen die zerstörte Turmspitze und die Rosettenfenster über dem Portal nachzeichnen.

Aber was wünscht sich eigentlich eine Kirche zum Geburtstag? Natürlich wartet man bei dieser Frage in erster Linie auf einen Spendenaufruf, aber Kathrin Oxen nennt dann doch etwas völlig anderes: „Wir brauchen Menschen, die mitmachen und sich engagieren.“ Das gilt sowohl für alle Dienste rund um den Gottesdienst, also zum Beispiel die Ausgabe von Liedblättern und Gesangbüchern, bis hin zur Aufsicht in der Gedenkhalle. „Wer Interesse an Geschichte und an der Kirche hat, ist bei uns hochwillkommen“, sagt Oxen. „Denn wir wollen Gedenkhalle und Kirche ja auch weiterhin für Besucher offenhalten.“ 




August 31, 2020 at 10:04PM
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